Beten mit Kindern heißt: den Kontakt halten ...
Publiziert am 29.02.2016 von Frank Hartmann
© Petra Lefin
Beten Sie? Viele Erwachsene befällt ein Gefühl von Zwang, Leere oder Enge, wenn ihnen Gebete im Gottesdienst begegnen. Sie spüren eine gewisse Sprachlosigkeit, wenn sie eigene Worte im Zwiegespräch mit Gott finden wollen und empfinden angesichts öffentlich zur Schau getragenem religiösen Eifer sogar Ablehnung. Schwierige Voraussetzungen, um Kindern ein spirituelles Ritual nahezubringen. "Not lehrt beten", sagt der Volksmund - für eine lebendige Spiritualität taugt diese Lehrmeisterin aber nicht. Es geht vielmehr darum, in den fröhlichen, traurigen, besonderen wie alltäglichen Situationen des Lebens den Kontakt zum Ursprung der Schöpfung zu halten. Für das Gebet muss man weder besonders "fromm" sein, noch in dramatische Notfälle geraten. Beten ist außerdem an keine bestimmte Form gebunden. Zwang oder Erwartungen belasten das Gebet - es lebt von der Freiheit und der Achtung vor individuellen Ausdrucksformen. Das Beten wird "unterfordert", wenn es lediglich ein "Sonntagsdasein" im Gottesdienst fristet. Es braucht einen lebendigen Platz im alltäglichen Leben und Authentizität, wenn es Menschen tragen und verbinden soll.
Dafür gibt es kein Patentrezept, das muss man selbst ausprobieren und eigene Anlässe finden. Dazu braucht es Achtsamkeit und die Erkenntnis, dass es mehr gibt als das, was wir kühn "Wirklichkeit" nennen. Es lebt vom Mut zur eigenen Form und dem Respekt vor den Grenzen des anderen. Ein Gebet hängt eng auch mit dem eigenen Gottesbild zusammen - und das ist zu reflektieren.
Es braucht als Erwachsener, der mit Kindern beten möchte, zunächst die eigene, offene, wohlwollende Auseinandersetzung mit diesem Ritual und - wenn man Widerstände feststellt - Schritte zu einer versöhnten Haltung. Mit Kindern "pflichtgemäß" vor dem Essen zu beten, wenn man selbst mit dem Beten hadert, bzw. einen gereimten Text "herunterzuleiern", bewegt wenig und schafft nicht selten Frust. - "Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle" (1. Korintherbrief 13,1).
Sollte das Gebet von Kindesbeinen an nicht vielmehr ein Ritual der Freundschaft, ein Zeichen unserer Verbundenheit sein - statt Pflichtübung oder mit hohen Erwartungen beladener Wunschzettel? Ich möchte Kindern vermitteln, dass Gott lebenslanger Begleiter und Freund ist - nicht allmächtiger Lenker, strenge Autorität oder Wunschmaschine. Dann können sie sich Gott vielleicht wie einem Freund anvertrauen mit allem, was sie bewegt. Sie können sich ihm mitteilen und dankbar sein, Begleitung und Beistand zu erfahren - selbst wenn sich nicht alles erfüllt, erklärt oder abwenden lässt. Meine Hoffnung ist, dass ihr Glaube die Kinderzeit übersteht und Gott im Heranwachsen nicht wie der Weihnachtsmann als Trugbild entlarvt wird.
Zum Beten gehört, dass Erwachsene und Kinder lernen, hinzuhören - auch das will gelernt sein. Wie wollen wir eine Antwort wahrnehmen, wenn wir nur selbst reden und uns abwenden? Denn Beten als Einbahnstraße ist nur die halbe Wahrheit.
Frank Hartmann
Frank Hartmann, ev. Religionspädagoge, lebt in Arendsee. Er arbeitete als Gemeindediakon und in einem ökumenischen Kirchenzentrum. Acht Jahre war er Leiter einer evangelischen Kindertagesstätte in Hamburg. Seit 2010 ist er freiberuflich als Autor und Dozent tätig.
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Frank Hartmann, ev. Religionspädagoge, lebt in Arendsee. Er arbeitete als Gemeindediakon und in einem ökumenischen Kirchenzentrum. Acht Jahre war er Leiter einer evangelischen Kindertagesstätte in Hamburg. Seit 2010 ist er freiberuflich als Autor und Dozent tätig.
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