Don Bosco Verlag für Pädagogik

Mir ist sooo langweilig

Publiziert am 23.08.2016  von Simone Klement

Volles Programm
Heute Klavierunterricht, morgen Reiten, übermorgen Ballett, Donnerstag Malkurs usw. Ein derart voller Terminkalender ist für Kinder heutzutage keine Seltenheit. Wenn die Kinder dann zu Hause sind, wissen sie oftmals nicht, was sie tun sollen. Die Eltern versuchen dann, die Kinder auch zu Hause zu unterhalten. Doch Kinder brauchen freie Zeit, in der sie nichts zu tun haben, und selbst gefordert sind, sich zu beschäftigen, kreativ zu werden und eigene Ideen zu entwickeln.
 
Kreativ durch Langeweile
Verschiedene Studien zeigen, dass Langeweile kreativ macht. Eine dieser Studien wurde von zwei Psychologinnen der University of Central Lancashire durchgeführt. Dabei mussten 40 Teilnehmer eine Viertelstunde Nummern aus einem Telefonbuch abschreiben. Diese monotone Aufgabe hatte eine erstaunliche Wirkung: Die Teilnehmer mussten anschließend einen Kreativitätstest machen und sich dabei möglichst viele Verwendungsmöglichkeiten für Styroporbecher ausdenken. Die Teilnehmer, die sich zuvor mit der Telefonbuchaufgabe langweilten, schnitten dabei deutlich besser ab als eine Vergleichsgruppe mit Teilnehmern, die den Kreativitätstest absolvierten, ohne zuvor die Aufgabe mit den Telefonnummern erledigt zu haben.
 
Kinder brauchen Langeweile
Der Familientherapeut Jesper Juul schlägt vor: „Lassen Sie Ihre Kinder sich langweilen. Sie können das mit reinem Gewissen tun.“(1) Er beschreibt ein Szenario, in dem ein Kind äußert, dass ihm langweilig ist. Wird dem Kind dann sofort eine Idee angeboten, so würde es diese meistens sofort zurückweisen. Würde man aber einige Minuten warten, könne man sehen, dass das Kind sich bereits in etwas vertieft habe. „Langeweile ist der Schlüssel zur inneren Balance … Diejenigen, die die Unruhe vorbeiziehen lassen, kommen in Kontakt mit ihrer Kreativität“, so Jesper Juul. Ebenfalls betont er, dass es für Kinder wichtig ist, der inneren Kreativität zu folgen, denn so machen sie sich unabhängig von äußerer Anerkennung und Zustimmung und entwickeln Selbstwert. Auch würden Kinder, die sich ab und zu langweilen, eine größere innere Ruhe verspüren, wodurch die soziale Kompetenz gefördert würde.
Auch die Kinderpsychologin Lyn Fry sagt, dass Kinder, deren Eltern all ihre Freizeit befüllen, niemals lernen werden, dies selbst zu tun. Kinder müssten lernen, gelangweilt zu sein, um sich selbst zu motivieren, sich eine Beschäftigung zu suchen.(2)
Linda Caldwell von der Penn State University erforscht das Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen und sagt: „Einer der Gründe, warum viele Kinder und Jugendliche nichts mit sich anzufangen wissen, ist paradoxerweise, dass sie sich noch nicht genug gelangweilt haben.“ Weil die Freizeit von Kindern so stark durchstrukturiert sei, fehle ihnen dann später die Fähigkeit, eigene Interessen wahrzunehmen und zu verfolgen, glaubt die Wissenschaftlerin.(3)
 
… und Erwachsene auch
Was für die Kinder gilt, gilt natürlich ebenso für Erwachsene. Es ist individuell sehr unterschiedlich, wie schnell man gelangweilt ist. So zückt der eine bereits beim Warten an der Supermarktkasse sein Smartphone, um die wenigen Minuten Wartezeit zu überbrücken. Der andere hingegen genießt auch eine lange Bahnfahrt, indem er einfach zum Fenster hinausschaut und nichts tut. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid fühlen sich viele Erwachsene durch Beruf und Privatleben gestresst. Beinahe 60 Prozent wünschen sich weniger Terminstress im Alltag.(4) Daher unser Tipp: Nutzen Sie Ihre Freizeit und langweilen Sie sich einfach mal so richtig schön mit ihren Kindern!
 
 
 

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