Was macht eine Lektorin?

Publiziert am 01.02.2019  von Angela Gully

Von der hässlichen Raupe zum schönen Schmetterling: Dieses Bild habe ich immer im Kopf bei der Entwicklung eines neuen Produkts. In diesem Fall geht es um das Kartenset „Rund, eckig oder was?“.
Zunächst habe ich eine griesegraue Word-Datei (= Manuskript für das Begleitheft) und ich schreibe einen faden, trockenen Illustrationsauftrag mit tabellarischen Kurz-Beschreibungen für die zu illustrierenden Gegenstände. Das ist der Anfang. - Und dann, innerhalb eines Zeitraums von ungefähr 5 Monaten, faltet sich das Ganze auf und das komplette Set (also die Karten, das Begleitheft und die Verpackung) werden Schritt für Schritt konkret, bunt, sprechend, greifbar, anschaulich, klar, kurzum: einfach lebendig!


Der Arbeitsprozess

Skizzen:

Von der sympathischen Illustratorin Inge Voets kommen vor den Reinzeichnungen zuerst einmal die Skizzen – da bin ich natürlich immer sehr gespannt, das ist der erste magische Moment. Ich gucke sie mir auf dem Bildschirm an, viele drucke ich auch aus. Es stellt sich bei diesem Set vor allem die Frage: Ist die jeweilige geometrische Form in dem Gegenstand gut zu erkennen? Ich bin sehr angetan von den Entwürfen, sie sind echt gut, auch wenn (natürlich) bei der ein- oder anderen Skizze noch Änderungen vonnöten sind.


 

Reinzeichnungen:

Ein paar Wochen später kommen die colorierten Illustrationen. Schön! Jetzt wird das Ganze schon viel lebendiger und ich bekomme eine leise Ahnung, wie die Karten werden könnten. Ich lade die Illus in unser System rein.

Die Karten:

Dann muss ich mich eine ganze Weile gedulden, bis meine Kollegin aus der Herstellung (sie betreut noch ganz viele andere Produkte) die Illustrationen in das vorgegebene Kartenformat und in den vorgegebenen Kartenrahmen rein baut und die dreißig Karten „schön macht“. Ein wirklicher spannender und erhebender (Überraschungs-) Moment, wenn alles dann im PDF-Format als E-Mail Anhang daherkommt. Ich drucke alle Karten im Originalformat und in Farbe aus, schneide sie zurecht und breite sie auf dem Boden aus, damit ein Gesamteindruck entsteht.
 

In diesem Stadium geht es vor allem um die Fragen: Passt alles insgesamt zusammen? Ist alles erkennbar, nachvollziehbar und plausibel?
Sechs Augen sehen mehr als zwei, deshalb frage ich auch zwei Kolleginnen, die sich kurz in das Spiel hineindenken: Fällt ihnen noch etwas auf, ist etwas komisch oder können sie etwas nicht nachvollziehen? Etwaige Änderungen gehen wieder zur Herstellung oder zur Illustratorin zum kurzen Nachbessern zurück.





Umschlag und Verpackung:

Zeitgleich (oder ein bisschen vorher oder ein bisschen nachher) kommt ein erster Umschlagentwurf aus der Herstellung, auch das ist wieder ein interessanter und bedeutsamer Augenblick: Ohne dass ich vorher ein konkretes Bild im Kopf habe, wie der Umschlag wohl ausschauen könnte, bin ich jedes Mal aufs Neue überrascht: Die Umsetzung ist immer etwas, womit ich nicht rechne: andere Farbe, anderer Hintergrund, jedenfalls einfach irgendwie anders. Zusammen mit vielen anderen Umschlagentwürfen wird der Umschlag mit dem gesamten Lektorat und mit dem Marketing besprochen, verbessert und abgesegnet. Hier geht es auch oft um einzelne Details. Das ist ganz wichtig, denn der Umschlag ist ja das „Gesicht“ des Produkts.

Begleitheft:

Aus der grauen Word-Datei zaubert meine Kollegin Steffi aus der Herstellung das farbige Begleitheft. Die Seitenzahl des Heftes muss durch vier geteilt werden können, weil ein Druckbogen immer vier Seiten hat. Damit es am Ende des Heftes keine leeren Seiten gibt (die Word-Datei ist diesbezüglich in den seltensten Fällen „passend“) , muss der Text fast immer gekürzt oder „gestreckt“ werden. „Strecken“ ist einfacher als kürzen: Ein Hinweis auf bereits erschienene Kartensets ist der perfekte „Platzfüller“. Einen Text kürzen zu müssen, tut mir innerlich mehr weh. In diesem Fall aber hab ich aber ausnahmsweise Glück und es geht sich aus: Es gibt keine Leerseiten.

Letzter Check:

Der letzte, sehr bedeutsame Schritt, denn jetzt geht’s ans Eingemachte: Endgültiger Check von Karten, Verpackung, Begleitheft (der gefühlt einhundertste!) und schließlich Freigabe! Und dann warte ich ein paar Wochen mit einer gewissen Ungeduld darauf, dass das Kartenset von der Druckerei in den Verlag geliefert wird und ich es in Händen halten und begutachten kann: anfassen, aufklappen, drehen, wenden, auslegen, blättern, schnüffeln. Und das ist dann mein „ganz persönlicher Schmetterlingsmoment“!

P.S. Es ist bald soweit: Anfang Februar wird das Kartenset an den Handel ausgeliefert - und dann kommen natürlich auch ein paar Exemplare hier in den Verlag!

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