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Wenn Kinder nach Gott fragen

Publiziert am 22.01.2016  von Beate Spindler

"Kann es sein, dass Gott einfach geschlafen hat, als Antonia hingefallen ist?" Lukas' Frage lässt seine Mutter Susanne länger als sonst auf der Bettkante ihres Sohnes verweilen. Müde ist sie, die 38-Jährige, die gerade erst vor einer Stunde die Notaufnahme der Klinik verlassen hatte - Gott sei Dank mit ihrer kleinen Tochter im Arm. Antonia war nachmittags im Garten gestolpert und schlug dabei mit ihrem Kopf auf eine scharfkantige Treppenstufe. Lukas sah, wie das Blut über ihr Gesicht lief. Weinend blieb er bei der Oma, als seine Eltern mit der Dreijährigen ins Krankenhaus fuhren. Auch jetzt im Bett beginnt Lukas wieder zu schluchzen. "Gott kann doch gar nicht immer auf uns aufpassen, der muss doch auch mal schlafen, oder Mama?" Susanne spürt, wie verunsichert ihr Sohn ist. Aber auch, wie verunsichert sie selbst ist.

Oft ringen Erwachsene um Worte, wenn Kinder die großen Fragen des Lebens und des Glaubens stellen: "Wie kommt der Mensch in den Himmel, wenn der Körper doch in der Erde liegt?", "Hat Gott auch böse Menschen lieb?", "Ist Gott ein Mann oder eine Frau?", "Warum hat der Vater von Jesus ihn sterben lassen?" Mit ihrem nahezu unersättlichen Wunsch, die Welt verstehen zu wollen, fordern Kinder uns Eltern, Großeltern und Erzieher heraus. Doch was tun, wenn man sich selbst im Glauben unsicher fühlt? In religiösen Dingen Zweifel hat? Vielleicht denkt, aus mangelndem Bibelwissen heraus keine "richtige" Antwort geben zu können? "Wir müssen nicht immer auf alles eine Antwort haben, viele Fragen können gar nicht abschließend beantwortet werden", ermutigt die Religionspädagogin Monika Arnold. "Wichtig für Kinder sind Menschen, die sich auf ihre Fragen und Vorstellungen einlassen, die ihre Aussagen ernst nehmen und sich damit befassen." Hilfreich dabei ist: herausfinden, welche Bedeutung die Frage fürs Kind hat, warum es sie ausgerechnet jetzt stellt. Wenn eine Frage wie die von Lukas vermuten lässt, dass das Kind durch ein Erlebnis verunsichert ist oder Angst hat, zählt nicht zuerst die Antwort. In dem Fall ist es wichtig, dem Kind zu zeigen: "Ich bin für dich da. Intuitiv reagiert Susanne ganz passend. Sie nimmt ihren Sohn in den Arm und erklärt, dass auch sie ganz schön erschrocken war, als Antonia geblutet hatte. Dadurch spürt Lukas, dass er mit der Sorge um seine kleine Schwester nicht alleine ist. Dann antwortet sie auf seine Frage: "Ich glaube, Gott hat nicht geschlafen. Er hat eine ganze Armee an Schutzengeln auf die Erde geschickt, die dafür gesorgt haben, dass Antonia nur eine Platzwunde an der Stirn hat. Gott sei Dank ist deine Schwester nicht mit dem Auge oder ihren Zähnen auf die Kante aufgeschlagen - das hätte schlimmer ausgehen können."

Susannes Antwort macht deutlich: Glaube hat viel mit Beziehung und gelebtem Vorbild zu tun. Mit der Bereitschaft, sich seinen eigenen Standpunkt bewusst zu machen und für persönliche Überzeugungen eine Sprache zu finden, die Kinder verstehen. Gerade Zwei- bis Siebenjährige begreifen Vorgänge bildhaft und geben vielen Dingen menschliche Eigenschaften. Manche Kinder stellen sich Gott als Mann mit weißem Bart vor, andere sehen ihn in einem Kleid auf einer Wolke sitzend. "Kinder sollten mit ihren jeweiligen Vorstellungen ernst genommen werden", meint Monika Arnold. "Diese sogenannte erste Naivität sollte zugelassen werden. Sie brauchen diese großen, ausdrucksstarken Bilder. Ihre eigene Vorstellung von Gott gibt ihnen viel Kraft." Ist die Vorstellung jedoch mit Angst verbunden, sollten Eltern versuchen, die Ursache dafür herauszufinden. Möglicherweise missbraucht jemand im Umfeld des Kindes Gott als Erziehungshilfe. "Wenn du dein Brot nicht aufisst, dann ist Gott traurig" - solche Aussagen findet die Expertin problematisch. Auf zwei Dinge sollten Erwachsene außerdem achten: Weil Kinder sehr verärgert reagieren, wenn man ihnen irgendetwas gesagt hat, was von vornherein nicht stimmt, ist es zum einen wichtig, dass wir ihnen keine Erklärungen liefern, die wir später wieder zurücknehmen müssen, etwa weil sie zum biblischen Verständnis der Gestalten ein Widerspruch sein können. "Wir sollten beispielsweise vom Christkind nur so sprechen, dass es sich nie mit dem 'Christuskind als Jesus Christus' widerspricht", sagt die Religionspädagogin.

Zum anderen sollten Kinder aktiv unterstützt werden, ihr Gottesbild weiterzuentwickeln, da es sie sonst im jugendlichen Alter möglicherweise nicht mehr trägt. Biblische Erzählungen, die zu den Fragen der Kinder passen, sind bei dieser Weiterentwicklung sehr hilfreich (siehe unten). Sie regen dazu an, über Gott zu sprechen und nachzudenken, neue Fragen zu stellen. Machen Eltern dem Kind deutlich, dass sie seine Fragen wertschätzen, dass sie sie interessant finden und vielleicht an die ein oder andere Frage selbst noch gar nicht gedacht haben, lassen sie es spüren: Es ist gut und sinnvoll, über Gott zu reden. Auch wer mit seinem Kind bewusst durch die Natur geht, staunend das erfasst, was Gott uns geschenkt hat - den bunten Regenbogen nach einem Gewitter, die zarten Knospen des Apfelbaums im Frühling -, regt zum Gespräch an.

Monika Arnold begreift die Fragen der Kinder als Chance für Erwachsene: "Sie ermöglichen uns, den eigenen Horizont zu erweitern. Indem wir ihre Fragen reflektieren und nach Antworten suchen, entwickeln wir uns selbst weiter."

Mit der Bibel antworten

Wenn Kinder nach der Allmächtigkeit Gottes fragen, helfen Geschichten, die ihnen das Gefühl vermitteln: "Gott kann ich immer trauen." Folgende Bibelstellen sind eine gute Gesprächsgrundlage, um Antworten auf diese Fragen zu finden:

Frage: "Ist Gott stark?"
Bibel: Der Sturm auf dem See (Mk 4,35 - 41)

Frage: "Schläft Gott?"
Bibel: Mose am Dornbusch (Ex / 2. Mose 2 - 3)

Frage: "Mag Gott auch die bösen Menschen?"
Bibel: Jesus und Zachäus (Lk 19, 1 - 10)

Dieser Beitrag erschien erstmals im Don Bosco Magazin, Januar 2016.

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